Basics
Unser Montessori-Kinderhaus
Wie muss das Haus sein, das wir für unsere Kinder bauen?
Es muss in uns selbst sein: Unser Benehmen, unser Wissen,
unser Wunsch, ihr Wachsen zu verstehen.
Das Haus, in dem unsere Kinder leben und dem sie vertrauen, sind wir.
Maria Montessori
Unsere Philosophie
Unser Kinderhaus ist gemäß den Grundsätzen Maria Montessoris ein „Casa dei bambini“ – ein „Haus für Kinder“. Eine kindgerechte Ausstattung sowie eine Umgebung durch Montessori-Materialen sollen neben unserer pädagogischen Haltung die Selbsttätigkeit des Kindes fördern und ihm selbstbestimmte Lern- und Bildungsprozesse ermöglichen.
„Bildung ist ein natürlicher Prozess, der vom menschlichen Individuum vollzogen wird. Sie wird nicht durch das Hören von Worten, sondern durch Erfahrungen in der Umwelt erlangt.“
Maria Montessori
In unserem Haus möchten wir jedes Kind in seiner Einzigartigkeit und seinen Bedürfnissen wahrnehmen, es in seiner Entwicklung begleiten, es unterstützen, wenn es unsere Hilfe benötigt und es fordern, wenn seine Neugierde es verlangt.
Wir Pädagoginnen verstehen uns als Vorbild und möchten gemeinsam mit den Kindern wertschätzend, respektvoll, tolerant, höflich und hilfsbereit in unserem Kinderhaus leben und arbeiten.
Eingewöhnung
Der Eintritt ins Kinderhaus geht sowohl für das Kind als auch für die Eltern mit Veränderungen und Herausforderungen einher. Das Kind muss sich in einer neuen Umgebung orientieren, andere Tagesabläufe kennenlernen und neue Beziehungen, wie etwa zu Gleichaltrigen seiner Gruppe und Pädagoginnen, aufbauen.
Der Begründer der Bindungstheorie, John Bowlby, beschreibt Bindung als erste und elementarste Entwicklungsaufgabe, welche einen wesentlichen Einfluss auf das weitere Leben eines Menschen hat.
Maria Montessori misst der Bezugsperson und ihrem innewohnenden Verständnis einer „ehrfurchtsvollen und vertrauenden Liebe“ zum Kind eine „große Kraft im pädagogischen Bereich“ bei. Diese soziale Beziehung zwischen Kind und Erwachsenem beschreibt sie als Fundament gegenseitiger Inspiration.
Wir lassen uns von diesen Gedanken leiten und möchten diese ganz entscheidende Phase der Eingewöhnung so bedürfnisorientiert und so behutsam wie möglich für das Kind gestalten. Abhängig vom einzelnen Kind vollzieht und gestaltet sich die Eingewöhnung in Anlehnung an das Berliner Programm ganz individuell und dauert ca. 3 bis 6 Wochen.
Phasen der Eingewöhnung
Grundphase
- Bezugsperson und Kind verbleiben täglich für eine bestimmte Zeit gemeinsam in der Gruppe.
- Eltern verhalten sich eher zurückhaltend - Pädagogin beobachtet und versucht Kontakt zum Kind aufzunehmen.
Trennungsversuch
- Bezugsperson verabschiedet sich nach einigen Minuten vom Kind und verlässt den Gruppenraum.
- Sie bleibt außer Sichtweite, verlässt jedoch nicht die Einrichtung.
- Die Reaktionen des Kindes sind der Maßstab für einen vorläufigen Abbruch oder das Fortsetzen und Verlängern von Trennungsphasen.
Stabilisierungsphase
- Trennungsphasen werden allmählich gesteigert bis Bezugspädagogin und Kind gemeinsam die Tagesabläufe durchlaufen.
- Die Reaktionen des Kindes gelten wiederum als Maßstab für die Gestaltung der Stabilisierungsphase.
Schlussphase
- Kind hat Bindung zur Bezugspädagogin aufgebaut - Eltern verbleiben nicht mehr in der Einrichtung, sind jedoch in ständiger Rufbereitschaft.
Alle Phasen der Eingewöhnung orientieren sich an den Bedürfnissen des Kindes. Die Eingewöhnung gilt als abgeschlossen, wenn das Kind zur Bezugspädagogin eine stabile Bindung aufgebaut hat, das heißt, wenn das Kind sich z.B. trösten lässt und den Tag in guter Stimmung in der Einrichtung verbringt.
Maria Montessori
Maria Montessori wurde am 31. August 1870 in der Kleinstadt Chiaraville in der Provinz Ancona / Italien geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie mit ihrer Familie in Rom. Sie wurde dort eingeschult und musste sich ihren Bildungsweg und die Immatrikulation an der Universität Roms zum Medizinstudium mühevoll erkämpfen. Während ihres Studiums der Medizin widmete sie sich verstärkt der Kinderheilkunde und Psychiatrie. 1896 erwarb sie als erste Frau Italiens den Doktorgrad der Medizin und arbeite als Assistenzärztin an der psychiatrischen Abteilung der römischen Universitätsklinik. Zudem wurde sie Lehrbeauftragte der Universität und beschäftigte sich mit der Erziehung geistig behinderter Kinder. Sie fertigte Lehr- und Übungsmaterialien an, welche sie in der Praxis anwandte und die überraschende Lernerfolge zum Ergebnis hatten. Sie war überzeugt, dass ähnliche Lehrmethoden auch für Kinder ohne Behinderung geeignet sein mussten. 1901 begann Maria Montessori ein Studium der Pädagogik, der Hygiene und Experimentalpsychologie. 1907 eröffnete sie das erste „Casa dei bambini“ in einem Arbeiterviertel Roms. Hier erprobte sie ihre Erziehungsmethode samt didaktischen Materialien in der Praxis und entwickelte diese aufgrund ihrer Beobachtungen weiter. Kinder in ihrem Haus waren nicht zappelig und unruhig und mussten beschäftigt werden. Nein, sie waren psychisch, physisch und sozial ausgeglichene zufriedene Kinder, arbeiteten freiwillig, selbstmotiviert und in Ruhe. Schon bald wurde Maria Montessori durch ihr „pädagogisches Wunder“ weltberühmt. Bis zu ihrem Tode im Jahr 1952, in Noordwijk aan Zee in Holland, widmete sie sich der Friedenserziehung und der Lehre ihrer Reformpädagogik.
Maria Montessoris anthropologische und entwicklungspsychologische Gedankenwelt
Bild des Kindes
Die Montessori-Pädagogik, als eine Pädagogik vom Kind aus, betrachtet das Kind als aktiven Baumeister seiner selbst. Durch eine innere Kraft (intrinsische Motivation) gesteuert, entwickelt und bildet sich das Kind auf Grundlage seiner genetischen Ausstattung in einer aktiven Interaktion mit seiner Umwelt.
Absorbierender Geist
Im frühen Kindesalter nimmt das Kind Eindrücke seiner Umgebung wahr. Ein absorbierender Geist (lat. absorbere – aufsaugen) ermöglicht die unbewusste Aneignung von Sprache, Ritualen und Kultur der jeweiligen Lebenswelt.
Sensible Phasen
Sensiblen Phasen bestimmen in der kindlichen Entwicklung Empfänglichkeiten für bestimmte Lernvorgänge und Umwelteinflüsse (Bewegung, Sprache, Abstraktion, Sozialverhalten, Gerechtigkeit und Werte). Wenn diese sensiblen Phasen ungenutzt verstreichen, werden sie in dieser Intensität nicht wieder auftreten. Das Erlernen bestimmter Fähigkeiten fällt dem Kind zu einem späteren Zeitpunkt viel schwerer.
Polarisation der Aufmerksamkeit
Als Voraussetzung für Lernprozesse und zur Aneignung von Bildung gilt die Polarisation der Aufmerksamkeit. Das Kind vertieft sich hierbei in einer frei gewählten Tätigkeit oder Sache. Es verfällt in seiner Beschäftigung in eine Konzentration, welche es ihm auf dem Weg des Forschens und Erkundens ermöglicht neue Fähigkeiten oder Erkenntnisse zu erwerben.
Pädagogische Grundgedanken
Eine der kindlichen Entwicklung angepasste vorbereitete Umgebung soll die Selbsttätigkeit des Kindes fördern. Hierbei sorgt ein klar strukturierter Raum mit übersichtlich angeordneten Materialien für eine äußere Ordnung. Alle Dinge haben im Raum ihren festen Platz und werden nach Gebrauch geordnet wieder zurückgestellt.
Die vorbereitete Umgebung als materialistisches Curriculum unterteilt Maria Montessori in sechs Bereiche:
- Übungen des praktischen Lebens
- Kulturelle Aktivitäten (malen, zeichnen, formen, bauen, musikalische und rhythmische Übungen)
- Sinnesmaterialien, welche die Gesetzmäßigkeiten der realen Welt reflektieren (Dimensionen, Formen, Farben, Geräusche)
- Anfänge der Mathematik
- Anfänge des Schreibens und Lesens
- Übungen der Stille und der Bewegung
Entwicklungsmaterialien im Raum sind hierbei ansprechend präsentiert und sollen das Interesse des Kindes wecken. Sie sind so gestaltet, dass ein spezifischer Lerninhalt im Mittelpunkt steht. Weiterhin implizieren die Materialien die Möglichkeit einer Selbstkontrolle durch das Kind und tragen somit zur Förderung der Selbstständigkeit bei.
Die Pädagogin gehört wie der Raum und die Materialien zur vorbereiteten Umgebung. Sie hat die Aufgabe,
- Vorbild zu sein.
- das Kind aufmerksam in seinen Entwicklungsprozessen zu beobachten und seine Bedürfnisse wahrzunehmen.
- zu helfen, wenn das Kind Hilfe benötigt – sich zurückzuziehen sobald das Kind in eine Tätigkeit vertieft ist.
- Entwicklungsschritte zu dokumentieren.
- Umgebung und Materialien sorgfältig vorzubereiten.
- Materialien zu pflegen.
- Grenzen zur Sicherung des Gemeinwohls zu schaffen und für diese Sorge zu tragen.
Die Freiarbeit ermöglicht dem Kind eine selbstständige Tätigkeit entsprechend seinen Bedürfnissen.
Das Kind entscheidet frei,
- mit welchen Materialien oder Arbeiten es sich beschäftigen möchte.
- mit wem es sich beschäftigen möchte (allein, zu zweit, in einer Gruppe).
- wie lange es seiner Tätigkeit nachgehen möchte.
Da jedes Material nur einmal vorhanden ist, werden zudem soziale Kompetenzen eingeübt und gefördert, wie sich mit anderen Kindern abzusprechen oder auch zu warten, bis ein anderes Kind seine Beschäftigung beendet hat. Es ist nicht erlaubt, ein anderes Kind in seiner Arbeit zu stören.
Pädagogik im Kinderhaus
Unsere Pädagogik im Kinderhaus steht sowohl im Einklang mit den Grundgedanken Maria Montessoris als auch dem Hessischen Bildungs- und Erziehungsplan (BEP). Maria Montessori versteht das Kind als „Baumeister seiner selbst“, der BEP beschreibt das Kind als aktives Wesen in Entwicklungs- und Bildungsprozessen. Beide stellen das Kind mit seinen individuellen Lernvoraussetzungen in den Mittelpunkt pädagogischer Verantwortung.
Hilf mir, es selbst zu tun. Zeige mir, wie es geht.
Tu es nicht für mich. Ich kann und will es allein tun.
Hab Geduld meine Wege zu begreifen.
Sie sind vielleicht länger, vielleicht brauche ich mehr Zeit,
weil ich mehrere Versuche machen will.
Mute mir Fehler und Anstrengung zu, denn daraus kann ich lernen.
Maria Montessori
Dieses Zitat Maria Montessoris beschreibt die Voraussetzung für individuelle Entwicklungs- und Bildungsprozesse und pointiert den Grundsatz unseres pädagogischen Handelns im Kinderhaus.
Tätigkeiten in der Montessori Pädagogik
Übungen des praktischen Lebens
- Pflege der eigenen Person (An- und Ausziehen, sich waschen und kämmen, Nase putzen, Zähne putzen, zur Toilette gehen etc.)
- Pflege der Umgebung (Fegen, Tische abwischen, Wäsche aufhängen, Pflanzen gießen – im Innen- und Außenbereich)
- Zubereitung des Essens (Tisch eindecken, Getränke bereitstellen und eingießen, Obst und Gemüse waschen und schneiden, Brotzeit schmieren)
- Tragen von Gegenständen und Hockern
- Soziale Gemeinschaft (wertschätzender, respektvoller, toleranter, höflicher und hilfsbereiter Kinderhausalltag)
Sprachbereich
- Bücher anschauen – Personen, Tiere, Objekte und Gefühle benennen
- Geschichten vorlesen
- Lieder singen, Fingerspiele und Reime sprechen
Kreativbereich
- Materialien zum Malen, Schneiden, Kleben, Kneten, Bauen
- Im Außenbereich (Matschen, Bauen)
Bereich der Motorik
- Laufen, Hüpfen, Klettern, Springen
- Hand-Auge Koordination (verschiedene Materialien für Bewegungsabläufe: drehen, stecken, drücken, fädeln
- Selbständig essen
Freispiel und Rollenspiel
- Bauernhof, Tiere und Autos