Specifics
1. Unser pädagogischer Alltag
1.1 Spielen
In den ersten drei Lebensjahren lernen Kinder so schnell, so intensiv und so umfassend wie nie wieder in ihrem Leben. Dem Spiel kommt in der Krippe eine große Bedeutung zu. Es ist die wichtigste Erfahrungs-, Ausdrucks- und Lernform. Spielend setzen sich die Kinder mit Menschen, Dingen und Situationen auseinander. Spiel ist Phantasie, gemeinsames und individuelles Handeln, Lernen, Umgang mit Materialien, Entdecken, Experimentieren. Spiel ermöglicht Beziehungen aufzubauen, Bestätigung und Kontakt zu erleben sowie das Erproben von Kommunikations- und Verständigungsformen. Spiel ist ein unmittelbares Bedürfnis für Kinder.
Die anregungsreiche Umgebung der Krippe bietet entsprechende Anreize. Klar erkennbare Strukturen im Raum, ein überschaubares Angebot an Spielmaterial und eine teilweise Gruppenöffnung unterstützen die Kinder beim Entwickeln eigener Spielthemen. Die Spielmaterialien sind für die Kinder frei zugänglich in den Räumen vorhanden. Wir, die pädagogischen Fachkräfte stellen uns den Kindern als Ansprechpartner zur Verfügung. Wir initiieren, begleiten, regen an, fördern Kontakte zwischen den Kindern und lassen sie bei Bedarf auch unbeobachtet und ungestört spielen. Dies bedeutet auch, dass Kinder in unserer Krippe auch alleine im Nebenraum sowie im Bad sein und in Kleingruppen alleine in der Halle oder im Garten spielen dürfen.
1.2 Ruhezeit
Nach dem Mittagessen gehen die Kinder ausgezogen (in Bodys/Unterwäsche) in den Schlafraum. Hier hat jedes Kind seinen eigenen Schlafplatz. Je nach Alter oder Schlafgewohnheiten liegen die Kinder in Betten, Reisebetten oder auf Matratzen. Bettwäsche und Schlafsack/Bettdecke bringen die Eltern von zu Hause mit, ebenso wie die individuellen Schlafhilfen (Kuscheltier, Kuscheltuch, Schnuller etc.). Regelmäßig wird die Bettwäsche zum Waschen mitgegeben, so dass diese nach dem vertrauten Zuhause riecht. Uns ist wichtig, dass die Kinder in einer ruhigen und entspannten Atmosphäre zum Schlafen gehen. Die Pädagogen sind mit im Raum bis alle Kinder eingeschlafen sind, anschließend befinden sie sich mit dem Babyphone im angrenzenden Gruppenraum. Kinder die nicht mehr einschlafen, dürfen nach einer Ruhezeit wieder im Gruppenraum ruhig spielen. Grundsätzlich können alle Kinder so lange schlafen, bis sie von alleine aufwachen, sie werden von uns nicht geweckt. Erholung ist ein Grundbedürfnis, welches wir den Kindern nicht verwehren, auch nicht wenn sie einen individuellen Schlafrhythmus (z. B. Vormittagsschlaf) haben. Wer wach ist darf selbständig in den Gruppenraum kommen oder wird von den Pädagogen abgeholt.
1.3 Wickeln und Hygiene
Beim Wickeln ist es uns wichtig, die Intimsphäre der Kinder zu schützen. So warten wir z.B. ab bis „Fremde“ (andere Eltern, kurzzeit Praktikanten etc.) das Bad verlassen oder schließen die Tür zum Flur, wenn sich dort Personen aufhalten. Jede neue Mitarbeiter/in bekommt bei jedem einzelnen Kind eine behutsame Eingewöhnung bei der Wickelsituation. Wir begleiten unser Tun sprachlich, damit die Kinder wissen was geschieht und binden sie aktiv mit ein. („Popo hochheben“, „Gib mir doch mal die Feuchttücher“ etc.) Ebenso kann diese Zeit auch für Kribbelspiele oder –lieder genutzt werden. Die Kinder dürfen mitentscheiden wer sie wickeln darf. Um allergischen Reaktionen vorzubeugen bringen die Eltern Windeln, Feuchttücher etc. von zuhause mit. Die Kinder werden bei uns jederzeit nach Bedarf gewickelt.
Körperhygiene wie Händewaschen erleben die Kinder hier ebenfalls. Nach dem Garten waschen die Kinder im Bad mit Seife ihre Hände. Nach den Mahlzeiten waschen sie sich selbst mit Waschlappen Gesicht und Hände ab. Hierzu befindet sich in jeder Gruppe ein Spiegel.
2. Pädagogische Schwerpunkte unserer Arbeit
2.1 Eingewöhnung
Die Kinder werden in unserer Einrichtung nach dem sog. Münchner Eingewöhnungsmodell eingewöhnt.
Zu unserem ausführlichen Aufnahmegespräch, indem es um ihr Kind geht, bringen die Eltern einen Steckbrief „Das bin ich“ und „Das ist meine Familie“ mit, diese Vorlagen erhalten sie mit den Vertragsunterlagen. Mit diesen beiden Seiten bereiten wir die Gruppe auf das neue Kind vor, sprechen darüber wer zu uns kommt und hängen diese als Information für die Eltern die bereits in unserer Einrichtung sind aus.
In den ersten vier Wochen wird sowohl das Kind an die Gruppe als auch die bestehende Gruppe an das Kind gewöhnt. Das Kind kommt mit einer vertrauten Bezugsperson zunächst zu unterschiedlichen Tageszeiten für jeweils 3 bis 4 Stunden in die Gruppe, in der es aufgenommen wird. Wichtig ist hierbei, alle Tageszeiten, die es später aufgrund der gebuchten Zeit erlebt, gemeinsam mit der Bezugsperson kennen zu lernen; auch der Kontakt zu anderen Gruppen und zum anderen Personal ist uns wichtig, da die sog. Randzeiten nicht nur vom Gruppenpersonal abgedeckt werden. Die vertraute Bezugsperson ist für das Kind in der Eingewöhnung der „sichere Hafen“; sie ist für das Kind da, verhält sich jedoch beobachtend und nimmt von sich aus auch keinen Kontakt zu anderen Kindern auf um einer eventuellen Eifersucht vorzubeugen.
Das Wickeln des Kindes übernimmt zunächst die Bezugsperson in der neuen, noch fremden Umgebung. Im weiteren Verlauf geht das Personal mit zum Wickeln, zunächst als Zuschauer. Sobald ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen der Pädagogin und dem Kind besteht, übernimmt diese die Wickelsituation, anfangs im Beisein der Bezugsperson. Das Kind soll erleben, dass alles pflegerische in seinem Intimbereich mit größter Achtung und immer im Einverständnis der Bezugsperson vollzogen wird. Dies ist für uns gleichzeitig ein erster wichtiger Schritt in der Prävention vor sexuellem Missbrauch.
Ähnlich wie beim Wickeln verfahren wir beim Füttern des Kindes. Wichtig ist uns, die Körpersignale des Kindes, vor allem, wenn es noch nicht sprechen kann, zu beachten.
Bevor die Kinder ohne ihre Eltern in der Einrichtung bleiben, bringen die Eltern ein DIN A3 Familienplakat mit. Auf diesem sind Fotos (beschriftet) von den Familienmitgliedern, sonstigen wichtigen Personen/Freunden des Kindes, das Lieblingsspielzeug, Haustier etc., damit die Kinder einen vertrauten Bezugspunkt in ihrer Gruppe haben. Nach etwa 10 Tagen erfolgt die erste Trennung von der Bezugsperson für ca. 1 Stunde. Wenn dies gelingt und das Kind sich in seinem Trennungsschmerz, (der für uns dazu gehört) von der Pädagogin trösten lässt, wird die tägliche alleinige Anwesenheit des Kindes rasch gesteigert. Wichtig ist uns, dass die Kinder am Modell (= andere Kinder) lernen können und genügend Zeit bekommen, Sicherheit zu erlangen. Das Trennen des Kindes von der Bezugsperson entscheiden wir grundsätzlich nach dem beobachtbaren Verhalten des Kindes in der neuen Umgebung.
2.2 Portfolio (Beobachtung und Dokumentation)
Ein Portfolio ist ein ganz individuelles „Könnerbuch“ das im Laufe der Krippenzeit Ihres Kindes gefüllt wird.
Schon immer beobachten wir die Kinder im Alltag. Wir halten diese Beobachtungen fest, besprechen diese und sie sind Grundlage für unsere pädagogische Arbeit, für Themen die wir im Gruppengeschehen aufgreifen und Impulse, die wir setzen, um den Kindern neue Lernfelder zu ermöglichen. Ebenso sind Beobachtungen Grundlage für Entwicklungsgespräche mit Eltern. Das Portfolio ist eine Dokumentationsform dieser Beobachtungen. Auch Eltern sind daran beteiligt, so wird von ihnen zum Beispiel der Steckbrief und eine Seite zur Familie gestaltet. Wir halten im Portfolio besondere Momente Ihres Kindes fest. Wir fotografieren bei Festen, bestimmten Aktionen oder ordnen Lieder ein, die besonders für Ihr Kind eine Bedeutung haben. Wir fotografieren Entwicklungsschritte und halten diese schriftlich in Form von Lerngeschichten fest.
Hierbei ist auch besonders, dass dieses Portfolio nicht irgendeine Akte über ein Kind ist, sondern dass wir es gemeinsam mit dem Kind füllen wollen. Wir möchten damit die Wertschätzung gegenüber jedem einzelnen Kind zum Ausdruck bringen und ihnen zeigen: „Was du tust ist so wichtig, dass wir es aufschreiben oder fotografieren, wir wollen uns gemeinsam mit dir erinnern, welche Kunstwerke du herstellst, was du hier erlebst und was du alles kannst.“
Diese Beobachtung, das schriftlich und bildliche festhalten, sowie die Rückkopplung mit den Kindern, hilft uns dabei unsere pädagogische Arbeit an den Themen Ihres Kindes zu orientieren und mit den Stärken Ihres Kindes zu arbeiten.
Um die Wertschätzung, die wir den Kindern als eigene Persönlichkeiten entgegenbringen, zu unterstützen gilt für das Portfolio – es gehört nur dem Kind! Die Ordner sind so im Gruppenraum aufgestellt, dass die Kinder jederzeit an ihr Portfolio herankommen und es betrachten können, andere dürfen nur dann den Ordner ansehen, wenn das Kind dabei ist, es „erlaubt“.
Jedes Portfolio ist so individuell wie die Kinder selbst, daher vergleichen Sie bitte nicht. Erfreuen Sie sich an dem, was Ihr Kind alles kann und erlebt.
2.3 Sauberkeitsentwicklungsbegleitung
Bei der Gewöhnung an die Toilette sollen die Kinder ein natürliches und positives Verhältnis zu ihrem Körper und dessen Funktionen entwickeln. Dabei sind die Orientierung am individuellen Rhythmus der Kinder, eine intensive Zuwendung und die Beachtung ihrer Bedürfnisse von entscheidender Bedeutung. Durch eine liebevolle Körperpflege und Begleitung, ohne Zwang und Leistungsdruck, soll die Entwicklung der Sauberkeit ermöglicht werden.
Autonomie und Selbstständigkeit sind uns hierbei sehr wichtig. Wir gehen davon aus, dass Kinder über Interesse und selber ausprobieren kindgemäß lernen können.
Mit ca. 16-18 Monaten fangen viele Kinder an, sich spielerisch für Toiletten zu interessieren, d.h. für Toilettenpapier => wollen es selber abrollen, für Klospülungen, Klobürsten und deren Handhabung, für Seifenspender etc. Diesem Interesse geben wir Raum, in dem für eine gewisse Zeit ein beaufsichtigtes Spielen an den Waschbecken, im WC mit Toilettenpapier etc. ermöglicht wird. Ebenso dürfen Kinder anderen die schon auf Toilette gehen zuschauen, wenn diese das erlauben.
Zeigt ein Kind eindeutig von sich aus, dass es auf Toilette gehen möchte, wird ihm das ermöglicht; es wird begleitet und bekommt Unterstützung, z.B. beim Knopf aufmachen. Den Zeitpunkt bestimmt das Kind (in der Regel nicht vor dem 3. Lebensjahr), da es dann in der Lage ist, zu „spüren“ ob es auf Toilette muss.
Die Feinmotorik und das „sich verständlich machen“ (verbal und nonverbal) sollten zu diesem Zeitpunkt gut entwickelt sein, da dies Voraussetzungen für eine eigenständige Toilettenbenutzung etc. sind.
2.4 Partizipation - Teilhabe bei 0-3 jährigen
Als AWO Kindertageseinrichtung sehen wir uns nicht nur gesetzlich verpflichtet (s. Artikel 12 der Kinderrechtskonvention, § 8 und § 45, Abs. 2, Nr. 3 SGB VIII) und durch den Bildungs- und Erziehungsplan angehalten, Kinder im Krippenalltag zu beteiligen, sondern beziehen uns auch auf das Partizipations- und Demokratieverständnis der AWO.
Beteiligung von Kindern in der Krippe umzusetzen ist gleichzeitig Chance und Herausforderung für uns Pädagogen/innen. Hier werden die Wurzeln gelegt für die Möglichkeiten der Selbstbestimmung und Mitgestaltung von Gemeinschaft. Eine pädagogische Haltung, die offen ist für die Kompetenzen und Beteiligungsmöglichkeiten von Kleinstkindern ist dafür Voraussetzung. Die Formen von vorsprachlicher Kommunikation und Willensäußerung werden von uns Pädagogen/innen wahr- und ernstgenommen. Wir beobachten die Kinder und achten auf nonverbale Signale und Ausdrucksformen. Die gemeinsam mit den Kindern getroffenen Entscheidungen im Krippenalltag werden von uns Fachkräften sprachlich begleitet. Dies motiviert die Kinder mit zunehmendem Alter zur Nutzung von Sprache.
Auch Krippenkinder können im Alltag zwischen altersgerecht aufgezeigten Alternativen wählen und selbstgewählten Interessen mit selbstgewählten Spielpartnern nachgehen. Über ihren erwachsenen Ansprechpartner in ihren Fragen und Angelegenheiten bestimmen die Kinder (möglichst) selbst. In allen Dingen, die den Krippenalltag betreffen, haben die Kinder im Rahmen ihrer Möglichkeiten das Recht mitzuwirken und mitzuentscheiden, es sei denn, ihre Sicherheit und / oder Gesundheit ist gefährdet.
Partizipation ist Grundprinzip der pädagogischen Arbeit in Kinderkrippen der AWO. Deshalb begreifen sich die pädagogischen Kräfte gegebenenfalls auch als Interessensvertreter/innen für die Kinder – hier sind manchmal auch kontroverse Diskussionen mit den Eltern nicht vermeidbar.
Die Möglichkeiten der Beteiligung von Kindern in der Krippe entwickeln wir stetig fort. Dazu reflektieren wir unsere Einstellung und unser Verhalten laufend und überprüfen den Tagesablauf darauf, wo und wie Partizipation gelebt wird bzw. erweitert werden kann.